Bürgerbegehren / Bürgerentscheid

Brandenburgische Kommunalverfassung – § 15

(1) Über eine Gemeindeangelegenheit, die in der Entscheidungszuständigkeit der Gemeindevertretung oder des Hauptausschusses liegt, kann die Bürgerschaft der Gemeinde einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Das Bürgerbegehren muss schriftlich beim Gemeindewahlleiter eingereicht werden; § 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Brandenburg findet keine Anwendung. Das Bürgerbegehren kann sich auch gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung oder des Hauptausschusses richten; in diesem Fall muss es innerhalb von acht Wochen nach der Veröffentlichung des Beschlusses gemäß § 39 Absatz 3 zuzüglich des Zeitraums der Übermittlung der Kostenschätzung ab Anzeige des Bürgerbegehrens eingereicht werden. Das Bürgerbegehren muss die zur Entscheidung zu bringende Frage und eine Begründung enthalten. Die Verwaltung teilt den Vertretungsberechtigten schriftlich eine Einschätzung der mit der Durchführung der verlangten Maßnahme verbundenen Kosten (Kostenschätzung) mit. Das Bürgerbegehren muss von mindestens 10 vom Hundert der Bürger unterzeichnet sein. Auf dem Bürgerbegehren sind eine Vertrauensperson und eine stellvertretende Vertrauensperson zu benennen; im Übrigen gilt § 31 des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes entsprechend. Jede Unterschriftenliste muss den vollen Wortlaut der Frage einschließlich der von der Verwaltung mitgeteilten Kostenschätzung enthalten; § 81 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 bis 4 des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes gilt entsprechend. Ungültig sind insbesondere Eintragungen,

  1. die auf Listen geleistet worden sind, die nicht den Anforderungen nach Satz 7 entsprechen,
  2. die früher als ein Jahr vor dem Zugang des Bürgerbegehrens bei dem Gemeindewahlleiter geleistet worden sind oder
  3. die im Falle des Satzes 3 bereits vor einer Beschlussfassung der Gemeindevertretung oder des Hauptausschusses geleistet worden sind.

§ 81 Abs. 4 Nr. 3 bis 8 und Abs. 5 des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes gilt entsprechend.

(2) Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet die nach § 110 Absatz 1 und 2 zuständige Kommunalaufsichtsbehörde unverzüglich. § 81 Abs. 6 des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes gilt entsprechend. Ist das Bürgerbegehren zulässig, ist die Angelegenheit den Bürgern der Gemeinde zur Abstimmung vorzulegen (Bürgerentscheid); § 81 Abs. 7 des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes gilt entsprechend. Gegen die Entscheidung über die Unzulässigkeit können die Vertrauenspersonen gemeinsam unmittelbar die Verwaltungsgerichte anrufen. Die Entscheidung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens bewirkt, dass bis zum Bürgerentscheid eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht mehr getroffen und entgegenstehende Vollzugshandlungen nicht vorgenommen werden dürfen. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn die Gemeindevertretung oder der Hauptausschuss die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.

(3) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über

  1. Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung und Auftragsangelegenheiten,
  2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung und der Gemeindevertretung,
  3. die Rechtsverhältnisse der Gemeindevertreter, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
  4. die Eröffnungsbilanz und die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe,
  5. Gemeindeabgaben, kommunale Umlagen, Tarife kommunaler Einrichtungen und Tarife der Versorgungs- und Verkehrsbetriebe der Gemeinde,
  6. die Feststellung des Jahresabschlusses der Gemeinde und ihrer Eigenbetriebe sowie des Gesamtabschlusses,
  7. Satzungen, in denen ein Anschluss- oder Benutzungszwang geregelt werden soll,
  8. Entscheidungen in Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahren,
  9. die Aufstellung, Änderung und Aufhebung von Bauleitplänen, Entscheidungen nach § 36 des Baugesetzbuches und Angelegenheiten, über die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens oder eines förmlichen Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist.

(4) Bei einem Bürgerentscheid kann über die gestellte Frage nur mit Ja oder Nein abgestimmt werden. Die Frage ist in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 25 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. Im Übrigen gilt § 81 Abs. 9 des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes entsprechend. Ist das nach Satz 2 letzter Halbsatz erforderliche Quorum nicht erreicht worden, hat die Gemeindevertretung über die Angelegenheit zu entscheiden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(5) Ein Bürgerentscheid, bei dem die nach Absatz 4 Satz 2 erforderliche Mehrheit von Jastimmen zustande gekommen ist, hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung. Er kann innerhalb von zwei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid, der auch aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zustande kommen kann, geändert werden.

(6) Soweit in diesem Gesetz oder in der Hauptsatzung der Gemeinde nichts anderes bestimmt ist, gelten für die Durchführung des Bürgerentscheides die Vorschriften über die Wahl der Bürgermeister im Brandenburgischen Kommunalwahlgesetz und in den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.